Bessere Wege für Radfahrer!

Sie kennen das sicher: Der Radweg hat gerade erst angefangen, da wird er schon zum Spießrutenlauf: In engen Kurven weicht er Bäumen aus, Mülltonnen sind auf ihm abgestellt, Hunde von verträumten Spaziergängern laufen darauf herum – und da endet er auch schon wieder abrupt – rechtwinklig Richtung Fahrbahn, weil parkende Autos seine Ausfahrt versperren.
Qualität und Sicherheit der meisten innerörtlichen Radwege sind erbärmlich!
Während die parallel verlaufende Straße glatt asphaltiert ist, wurde der oft viel zu schmale Radweg mehr schlecht als recht gepflastert. Absenkungen an den Grundstücksausfahrten, Schlaglöcher und Wurzelverwerfungen machen ihn zur Berg- und Tal-Fahrbahn. Und abbiegende Fahrzeuge (an Einmündungen und Kreuzungen) machen viele herkömmliche Radwege zur Gefahrenquelle.
Doch es gibt auch positive Beispiele: Deutlich markierte Radspuren auf der Straße mit geradem Streckenverlauf, auf denen Radler immer im Sichtfeld des motorisierten Verkehrs und nicht verdeckt von parkenden Autos sind. Auch Radwege jenseits der Straße können sicher und komfortabel sein, wenn genügend Platz vorhanden ist und kluge Köpfe ihn gestaltet haben.
Nun könnte der Radfahrer unzumutbare und gefährliche Radwege einfach „links liegen lassen“ und auf der Straße fahren, wie es die StVO im §2 Abs. 1 und 4 seit 1997 im Regelfall vorsieht – wären da nicht manche Kommunen, die auch schlechte Radwege mit den blauen Schildern versehen und damit eine Benutzungspflicht verhängen. Rechtlich gesehen dürfen sie das zwar nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn die Gefahrenlage sie dazu zwingt. Doch vielfach geschieht es trotzdem, dass Wege als benutzungspflichtig ausgeschildert werden, ohne dass die Verkehrssituation das erfordert. Das widerrechtliche Anbringen der Radwegschilder gibt dem Radfahrer jedoch nicht das Recht, die Benutzungspflicht zu ignorieren.
Eine echte Zwickmühle!
Aber nun kommt Bewegung in die Sache:

In unserem Rechtsstaat kann man gegen illegale Behördenanordnungen gerichtlich vorgehen. Das geschieht auch vielerorts, doch das richterliche Urteil gilt dann immer nur für den konkreten Fall der Auseinandersetzung. In Regensburg allerdings waren die Behörden uneinsichtig und trieben einen Rechtsstreit bis vor das Bundesverwaltungsgericht. Und das gab dem Kläger, dem örtlichen ADFC-Vorsitzenden Klaus Wörle, in vollem Umfang Recht: Es bestätigte, dass Radfahrer innerorts im Regelfall auf der Fahrbahn fahren dürfen, auch wenn ein Radweg vorhanden ist, und Städte sowie Gemeinden nur im Ausnahmefall Radwege als benutzungspflichtig kennzeichnen dürfen. Da das Bundesverwaltungsgericht für solche Vorgänge die höchste Instanz ist, handelt es sich in diesem Fall um ein Grundsatzurteil mit Signalwirkung, auf das sich jeder folgende Kläger berufen kann.
Eigentlich müssten jetzt alle Kommunen von selbst aktiv werden und überprüfen, ob ihre Radwegschilder der aktuellen Rechtsprechung genügen. Das tun sie zumeist aber leider nicht, getreu dem Motto: Wo kein Kläger, da kein Richter. Deshalb benötigen sie ein wenig „Nachhilfe“. Und hier können Sie, liebe abfahren-LeserInnen mithelfen, dass nur noch solche Radwege als benutzungspflichtig ausgeschildert werden, wo dies auch gerechtfertigt ist.
Und mithelfen geht so:
Erstellen Sie eine Liste der Radwege, deren Benutzung ihrer Meinung nach laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes nicht mehr mit dem blauen Gebotsschild vorgeschrieben werden darf. Reichen Sie diese bei Ihrer Stadtverwaltung mit der Forderung ein, die Benutzungspflicht der Wege zu prüfen und ggfs. aufzuheben. Um Ihnen den Kampf gegen die Mühlen der Bürokratie zu erleichtern, stellen wir Ihnen eine Briefvorlage zur Verfügung.
Damit können Sie Ihre zuständige Behörde auffordern, die Benutzungspflicht der von Ihnen genannten Radwege zu prüfen und gegebenenfalls aufzuheben.
Übrigens, für alle, die sich auf den so genannten „Bordsteinradwegen“ neben den Fußwegen subjektiv sicherer fühlen: Der Abbau der Radweg-Schilder gibt den Radfahrern lediglich die Wahlmöglichkeit zurück. Der Radler wird damit nicht gezwungen, auf der Straße zu fahren. Ein erkennbarer Radweg darf auch ohne Schild weiter benutzt werden. Außerdem können die Kommunen Fußwege mit dem „Fahrrad frei“-Zusatzschild ergänzen. Möglichkeiten gibt es also viele – wenn die Kommunen die zur Verfügung stehenden Instrumente sinnvoll und ohne Bevormundung der Radler einsetzen.
Albert Herresthal
Dieser Artikel von Albert Herresthal, Vorsitzender des VSF g. e. V., erschien in der VSF..abfahren 02/2011.